
Städtetrip nach Tbilisi: Drei Stadtspaziergänge durch die georgische Haupstadt
Tbilisi, die Stadt der heißen Quellen – der Name leitet sich von „tbili“, warm, ab – ist geprägt vom Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Moderne und Verfall, Orient und Okzident. Ehemalige Karawansereien, klassizistische Prunkbauten und sowjetische Wohnblocks prägen das Gesicht der georgischen Hauptstadt.
Orthodoxe Kirchen, Moscheen und Synagogen stehen dicht beieinander, zeugen noch immer von der multikulturellen Realität der Stadt und einer bewegten Geschichte, geprägt vom Kampf um Unabhängigkeit und Freiheit. Nach der Rosenrevolution 2003 unter Michail Saakaschwili, erhält dieser Kampf heute wieder neue Aktualität. Ausgang ungewiss.Trotz der zahlreichen Proteste gegen die Verabschiedung der „Russian Law“ im Frühling und Sommer 2024 tummeln sich in Tbilisi (glücklicherweise) noch immer Touristen vor allem aus Russland, Armenien, West- und Osteuropa, dem Iran und Israel.
Neben ihres kulturellen und historischen Reichtums ist Tbilisi aber vor allem eines: Ein Paradies für Liebhaber der georgischen Küche! Deshalb haben wir nicht nur ein paar georgische Restaurants (auf Empfehlung eines Georgen) getestet sondern auch gleich einen Kochkurs besucht, damit wir leckere Khinkalis und Khachapuri auch zu Hause genießen können.
In diesem Bericht führen wir dich in drei Stadtspaziergängen durch Tbilisi. Neben den Sehenswürdigkeiten findest du hier praktische Tipps zu Verkehrsmitteln, Unterkünften und Restaurants.

Praktische Tipps für einen Städtetrip nach Tbilisi
Einreise
Von Deutschland aus erreicht man Tbilisi mit dem Flugzeug in drei bis vier Stunden. Von Berlin aus sind wir mit Austrian Airline über Wien geflogen. Andere Verbindungen mit Turkish Airline oder Pegasus Air fliegen meistens über Instanbul. Flüge gibt es von Berlin aus, je nach Buchungszeitraum, bereits ab 190 Euro. Direktflüge sind deutlich teurer.
Bürger von EU-Mitgliedsstaaten benötigen kein Visum zur Einreise. Es kann allerdings sein, dass eine Auslandskrankenversicherung bei der Einreise kontrolliert wird. Die Botschaft in Berlin empfiehlt auf Nachfrage ein entsprechendes Dokument mit dem Reisepass mitzuführen. Wir sind derzeit für solche Fälle bei der Hanse Merkur versichert.
Unterwegs vor Ort
Am Flughafen in Tbilisi kann man direkt eine georgische SIM-Karte erstehen und am ATM der Bank of Georgia sicher mit der Kreditkarte (wir nutzen die DKB-Kreditkarte) Geld abheben. Für die SIM-Karte ist Magti der beste Anbieter. Da wir um vier Uhr morgens gelandet sind (Nachtflugverbot gibt es hier nicht), haben wir uns mit Bolt zu unserem Hotel fahren lassen. Die Fahrt vom Flughafen bis zur Altstadt kostet umgerechnet etwa 10 Euro, während ein normales Taxi mehr als doppelt so viel kostet. Die App funktioniert auch mit georgischer SIM-Karte problemlos.
Tbilisi selbst lässt sich wunderbar zu Fuß erkunden. Der Hauptbahnhof (Station Square) oder die Marschrutka (Mini-Busse) und Sammeltaxi Stationen nach Kazbegi oder Signagi lassen sich bequem mit der Metro vom Liberty Square aus erreichen. Wie so oft, sind auch in Tbilisi die Öffis zuverlässiger als die Deutsche Bahn und deutlich billiger. Eine Metro-Fahrt kostet 1 Lari, also 30 Cent! Die Karten lassen sich am Schalter an jeder Metro-Station wieder aufladen.
Reisezeit
Wir waren Ende August in Tbilisi. Das ist definitiv nicht die beste Reisezeit! Von Mitte Juni bis Ende August ist es in der georgischen Hauptstadt drückend heiß mit Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius. Abends gewittert es häufig. Als die beste Zeit für einen Städtetrip nach Tbilisi gelten Anfang April bis Mitte Juni und September bis Mitte Oktober, wobei es Anfang September auch noch sehr heiß sein kann.
Hier findest du unsere Reisegeschichten aus Georgien:
Zu Fuß durch Tbilisi
Stadtspaziergang 1: Vom Maidan zur Sameba Kathedrale (ca. 30 Minuten)
Maidan und Obere Kala
Autoreifen holpern über Kopfsteinpflaster, Hunde bellen, Touristen lachen, georgisch, russisch und englisch mischt sich zu einem Gewirr aus Sprachen. Die Sonne brennt erbarmungslos von einem wolkenlosen Himmel, lässt die roten Ziegeldächer und bunt verzierten, hölzernen Balkone und Erker der oberen Kala, der Altstadt Tbilisis, erstrahlen.
Hier, am Maidan, dem ehemaligen Händlerviertel, wo einst die Straßen von allen sieben Stadttoren zusammentrafen, beginnt unser Spaziergang zur Sameba Kathedrale. Heute ist der Maidan – oder Vakhtang I. Gorgasali Square – nichts besonders mehr. Beherrscht von Autos, Touristen, Souvenirshops, Restaurants und Bars.

Avlabari Viertel
Über die Metekhi-Brücke verlassen wir die Altstadt, immer unter den Augen des Stadtgründers, dessen Statue uns mit erhobener Hand von seinem Pferd aus im Viertel Avlabari auf der gegenüber liegenden Flussseite willkommen heißt. Von der Brücke aus fällt der Blick auf die fast senkrecht abfallenden Steinufer. Auf ihnen scheinen die traditionellen Tbilisier Wohnhäuser mit ihren bunten Balkonen regelrecht zu kleben. Unübersehbar thront die 700 Jahre alte Metekhi Kirche auf dem Felsen überhalb der Brücke. Sie hat als einzigstes Bauwerk des ehemaligen Palastviertels Avlabari die Sowjetherrschaft überlebt. Eine Rückkehr am Abend lohnt sich, um von ihren Mauern aus zurück auf die glitzernde Altstadt zu blicken.
Nach dem Überqueren der Brücke wenden wir uns nach links und betreten den Rike-Park. Trotz der Hitze ist hier alles grün. Heckenrosen blühen in hellem rosa. Die Berliner Parks könnten sich eine Scheibe hiervon abschneiden. Zwei riesige metallne und gläserne Röhren sorgen für Irritation. Es handelt sich um die Konzert- und Ausstellungshalle der georgischen Hauptstadt. Wir verlassen den Park, queren die K. Akhvlediani Avenue mittels Unterführung und mühen uns ein paar enge Gassen hinauf zum Präsidentenpalast. 2009 fertiggestellt, bildete er eines der ersten Bauprojekte des ehemaligen Präsidenten Saakashvili. Mit seinen weißen Säulen und der gläsernen Kuppel erinnert das Monstrum sowohl an das Weiße Haus, als auch an den deutschen Reichstag. Nichts zeugt mehr von seiner Vergangenheit als zaristische Polizeikaserne, die einst an dieser Stelle über dem Rike-Park thronte.


Sameba Kathedrale
Vom Präsidentenpalast aus erspähen wir bereits die Mauern der Sameba Kathedrale am Ende der Samreklo Street und erblicken kurz darauf ihre golden strahlende Kuppel. Wir treten durch das große Eingangstor des Geländes und erst jetzt erschließt sich uns die volle Größe des Bauwerks. Wir stehen vor dem größten orthodoxen Kirchengebäude der gesamten Kaukasus Region. 15 000 Menschen finden darin Platz. Wir erklimmen die Treppenstufen vor der Kirche und werden mit einem wunderbaren Ausblick über Tbilisi belohnt. Das Gelände um den Natursteinbau beherbergt den Sitz des Patriarchen, ein Kloster, ein Priesterseminar und eine theologische Hochschule. Der Bau wurde 2004 anlässlich der 1500-jährigen Autokephalie der georgisch-orthodoxen Kirche fertig gestellt.
Bänke im Schatten einiger Bäume laden zum Verweilen ein. Wir beobachten das bunte Treiben um die Kirche herum, wie orthodoxe Priester jeden Alters, in langen, schwarzen Roben kommen und gehen. Bevor wir die Kirche betreten, bedecken wir Arme und Beine mit langen Tüchern. Es lohnt sich an der Kirche zu warten, bis ein orthodoxer Gottesdienst beginnt. Es ist dort kein Problem eine Weile zuzuhören, solange man sich respektvoll gegenüber den Gläubigen verhält.
Den Rückweg zurück in die Altstadt treten wir über die gläserne Liberty Bridge an, die entfernt an eine „Always Ultra“ Damenbinde erinnert. Wir beschließen den Tag mit einem Bummel durch die Altstadt. Hier lassen wir uns einfach treiben. Passieren orthodoxe Kirchen, hübsch restaurierte Häuser, eine Synagoge und eine Moschee. Und natürlich unzählige Souvenir Shops und Restaurants. Die Altstadt von Tbilisi kann zuweilen anstrengend daher kommen: die vielen Reisegruppen, jeder möchte einem eine Tour, ein Taxi oder etwas zu essen verkaufen, ständige Beschallung aus den Restaurants. Dennoch überwiegt die Faszination über die Vielfalt der Kulturen, der Historie und der verschiedenen Baustile, die hier aufeinander treffen.


Stadtspaziergang 2: Vom Liberty Square zum Mtatsminda (ca. 2 Stunden)
Dieser Spaziergang gehört zu unseren absoluten Highlights in Tbilisi, denn es bieten sich wunderbare Aussichten über die ganze Stadt und die verschiedenen Baustile – die gleichsam Einblicke in die Geschichte Georgiens bieten – lassen sich von hier oben noch besser bewundern. Der Weg vom Liberty Square zum Mtatsminda Park umfasst etwa fünf Kilometer und dauert, je nach Außentemperatur und Fitnesslevel, etwa ein bis zwei Stunden. Es gibt zwar keine durchgängige Markierung des Weges, aber einige Schilder mit der Aufschrift „Matatsminda-Nariqala Tourist Path“ lassen sich finden.
Vom Liberty Square zur Kartlis Deda
Der Liberty Square selbst ist ein lärmender Kreisverkehr, die Gehsteige voll von Touristen und eben jenen, die ihnen etwas verkaufen wollen. Schnell wenden wir uns ab auf die Shalva Dadiani Street, die nach kurzer Zeit auf die Lado Asatiani Street trifft. Dort wenden wir uns nach links. Ein Schild weist dann den Weg hinauf zu „Mutter Georgiens“ – Kartlis Deda. Trotz der Hitze tummeln sich hier bereits einige Besucher. Vor allem der kleine Supermarkt kurz vor dem Beginn der Treppenstufen ist sehr beliebt. Auch wir erstehen eine eiskalte Cola bevor es losgeht. Anscheinend muss ich auf die Kassiererin einen recht matschigen Eindruck gemacht haben, denn sie hält mir mit liebevollem Lächeln eine halbverlaufene, halbgegessene Tafel Schokolade hin. Ich nehme ein Stück und lecke es mir von den Fingern.
Wir erklimmen die ersten Treppenstufen zur Oberen Betlemikirche – einst armenisch wird sie heute von der georgisch-orthodoxen Kirche genutzt. Dort eröffnet sich uns ein kleiner Platz mit Aussicht über die Stadt. Die goldenen Dächer der weit entfernten Sameba Kathedrale blinken im Sonnenlicht und scheinen die ganze Stadt zu überstrahlen. Im Reisführer wird dieser Platz als romantisch betitelt. Dank des in der Sonne vor sich stinkenden Hundekots nehmen wir aber doch recht schnell die nächsten Stufen in Angriff.
Nach weiteren 150 Metern enden die Stufen. Wieder wenden wir uns nach links und folgen einem gepflasterten Pfad hinauf zur Mutter Georgiens und finden uns inmitten fotowütiger Familien und Pärchen aus Osteuropa und Zentralasien wieder. Ein ganzer Souvenir-Markt ist dort oben aufgebaut. Die mächtige Mutter Georgiens wacht über Tbilisi mit einem Kelch Wein in der einen und einem Schwert in der anderen Hand. Tatsächlich handelt es sich bei ihr aber um ein Erbe der Sowjet-Zeit, die sie 1958 errichten ließen.


Mtatsminda - der heilige Berg
Weniger scharf auf Selfies – auch weil verschwitzt und im Vergleich zu den anderen Touristen nicht besonders stylisch – wenden wir uns nach rechts und folgen weiter dem gepflasterten Weg. Nach kurzer Zeit erreichen wir über eine teilweise durchgerostete Treppe den viel befahrenen Maro Makashvili Rise – die Straße zum Mtatsminda. Waghalsig hasten wir hinüber und entdecken einen weitere gepflasterten Weg, der uns sanft bergauf in Richtung des rot-weißen Ungetüms auf dem Mtatsminda leitet. Der 750 Meter hohe Berg und der 1972 erbaute Fernsehturm gehören heute zu den Wahrzeichen der Stadt. Einst soll dort oben der Heilige Davit in einer Höhle gelebt haben.
Auf dem ganzen Weg treffen wir keine Menschenseele. Wahrscheinlich fahren alle mit dem Furnicular zum Park hinauf. Doch wir genießen das laufen, die heiße Sonne auf der Haut, auch wenn uns der Schweiß bereits in die Augen rinnt. Jedes mal wenn wir uns umdrehen, bietet sich ein anderer atemberaubender Blickwinkel über die Stadt. Orthodoxe Kirchen, moderne Hochhäuser, alte Sowjetklötze und traditionelle Wohnhäuser verschmelzen zu der einzigartigen Mischung an Kulturen, die Tbilisi ausmacht. Je höher wir kommen umso dichter wird die Vegetation. Bald spenden einige dürre Kiefern etwas Schatten. Nun ist auch der geschmacklose Glaspalast von Georgiens Putin-treuem Milliardär und (Ex)Präsidenten Bidzina Ivanishvili auszumachen. Gemütlich wirkt die 50 Millionen Dollar-Villa nicht gerade.
Vergnügungspark mit "Ost-Charme"
Über einen vollen Parkplatz erreichen wir endlich den Mtatsminda Vergnügungspark. Über allem thront der rot-weiße Fernsehturm, der auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Ich bilde mir ein, dass es sich um eine verlassene Abhörstation der Sowjets handelt. Der Eintritt zum Park ist frei und so schlendern wir gut gelaunt daher, während sich am Himmel ein Gewitter zusammenbraut. Ich weiß nicht wie es den anderen Gästen ergeht, aber auf uns wirkt der Park irgendwie marode, zusammengeschustert, hinter quietsch-bunt bemalten Fassaden.

Doch die Stimmung ist ausgelassen, keiner schert sich um das ominöse Klappern der Achterbahn. Um nicht spießig zu wirken, und weil wir dringend eine Abkühlung gebrauchen können, erstehen auch wir eine wiederaufladbare Karte an einem Kiosk, lassen vier Euro darauf buchen und gönnen uns eine Fahrt mit der Wasserbahn. Abgesehen von ein paar Stotterern beim Hochfahren, läuft das alte Ding wie geölt. Ich kann es nicht anders sagen, aber dieser Park strotzt nur so vor überaus sympathischem „Ost-Charme“ – ich meine das durchweg positiv.
Dann bricht das Gewitter los. Unter dem Vordach der Funicular Station warten wir das Schlimmste ab, bevor wir uns dem steilen Abstieg widmen. Ein Schild am Parkplatz weist uns den Weg. Über Treppen und eine gepflasterte Straße passieren wir die Mama-Daviti-Kirche und erreichen in ca. 20 Minuten die Talstation der Standseilbahn.
Wir finden, dieser Spaziergang ist ein absolutes Muss! Und zwar nicht nur die kurze Strecke zur Kartlis Deda sondern bis zum Vergnügungspark! Je weiter man läuft, umso mehr Khinkalis kann man sich am Abend genehmigen!

Stadtspaziergang 3: Über die Rustaveli Avenue in die Wohngebiete Vere und Vake (ca. zwei Stunden)
Eigentlich ist ein Spaziergang entlang der 1,5 Kilometer langen Rustaveli Avenue – vom Liberty Square bis zum Rustaveli Square nicht besonders empfehlenswert. Und doch ist es ein Muss, möchte man ein umfassendes Bild von Tbilisi, auch abseits der hübsch hergerichteten Altstadt erlangen. Die Rustaveli Avenue wurde im 19. Jahrhundert vom russischen Vizekönig Michail Vorontsov ihm Rahmen der Stadterweiterung nach europäischem Vorbild bei einem italienischen Architekten in Auftrag gegeben. Noch immer wird die einstige Prachtstraße von russich-klassizistischen und Jugendstil Bauwerken gesäumt. Durch den Umbau der Avenue zur vierspurigen Autostraße durch die Sowjets ist heute vom alten Prunk recht wenig übrig.
Die Rustaveli Avenue - Zwischen altem Protz und moderner Hauptstadt
Vom Liberty Sqaure aus erreichen wir das linke Ufer dieses Automeers nur durch eine Unterführung. Die Gehsteige sind ebenso überfüllt wie die Straßen an diesem Nachmittag. Touristen, Georgier, Tourenverkäufer, Obdachlose, fliegende Händler – alles tummelt sich. Der Verkaufsschlager sind die Landesflagge Georgiens und die Flagge der Europäischen Union. Es ist Ende August 2024 die „Schicksalswahlen“ – die Wahl zwischen der Zugehörigkeit zu Russland oder zu Europa – stehen kurz bevor.
Wir passieren die Metro Station „Liberty Square“ und erreichen kurz darauf das ehemalige georgische Parlament. Ich bin fast ein bisschen enttäuscht, als ich keine Demonstranten davor erblicke. Seit Monaten gab es dort Proteste gegen die „Russian Law“. Auf der gegenüberliegenden – unerreichbaren – Straßenseite befindet sich grau und prunkvoll das Nationalmuseum, das wir gerne noch besucht hätten. Wir finden eine Unterführung und flanieren nun auf der rechten Straßenseite, vorbei an der von einem deutschen Architekten entworfenen Kashveti-Kirche. Es ist Gottesdienst. Frauen in langen Röcken und mit Kopftüchern tummeln sich vor der Kirche. Der Singsang der orthodoxen Priester lockt uns hinter die Kirche in den Park des 9. April und lässt uns einen Moment dem Straßenlärm entfliehen. Ein Innehalten inmitten des Chaos einer Hauptstadt.
Direkt neben der Kirche befindet sich die Nationalgalerie, gefolgt von Opernhaus und dem Museum of Modern Art (MOMA). Spannend wird es wieder am Platz der Rosenrevolution. Weiterhin auf der rechten Straßenseite der Avenue, stehen wir nun staunend vor dem 6-Sterne Hotel – Wolkenkratzer des „Biltmore“. Den Eingang zum Hotel bildet der stalinistische Bau des ehemaligen Marx-Engels-Lenin Institutes – in dem auch der KGB seinen Sitz hatte. Ein bisschen Grusel gefällig vor dem Luxus?
Vere und Vake - Ein Blick ins Alltagsleben
Wir halten uns nun links in Richtung Rustaveli Square und biegen in die Merab Kostava Street ein und betreten damit den Stadtteil Vere, der nordöstlich in Vake und nördlich in das Studentenviertel Saburtalo übergeht. Es herrscht hier ein gänzlich anderes Stadtbild als in der Altstadt: Wohnblocks – moderne und solche aus Sowjetzeiten -, politische Graffitis, schäbige Bars und Kneipen, die es so auch in Berlin geben könnte, hippe Bäckereien und Cafés, junge, cool gekleidete Menschen, die ihren Geschäften nachgehen, aus der Uni oder von der Arbeit kommen. Während die Altstadt staubig, überfüllt und laut ist, können wir hier aufatmen. Bäume säumen die Straßen, Vere – und Vake Park laden zum Verweilen ein. Plötzlich können wir uns vorstellen in Tbilisi zu leben. Zu Sowjet-Zeiten hätten wir im Apparat-Karriere machen müssen, um hier eine Wohnung zu bekommen.
Sehenswürdigkeiten gibt es hier natürlich keine, aber der Spaziergang durch Vere und Vake lässt uns erahnen, wie das alltägliche Leben in Tbilisi wohl aussieht und ist eine willkommene Abwechslung zur überfüllten Altstadt.


Unterkunft und Kulinarik in Tbilisi
Als Base für unseren 5 – tägigen Aufenthalt in Tbilisi haben wir das Piano Borracha Boutique Hotel ausgewählt. Jedes Zimmer hat ein bestimmtes Motto und ist entsprechend eingerichtet. Wir hatten das Hippie-Zimmer – mit Diskokugel an der Decke! Das Japanische Zimmer können wir nicht empfehlen, riecht nach Rauch. Preislich liegen die Zimmer je nach Saison zwischen 40 und 60 Euro. Die Altstadt ist in ca. 10 Minuten zu Fuß zu erreichen. Fünf Minuten entfernt ist ein kleiner Supermarkt – perfekt zum Wasser kaufen, denn das Leitungswasser in Georgien sollte nicht getrunken werden.
Ein größerer Supermarkt – Goodwill – mit warmer Theke und Salatbar befindet sich im Untergeschoss der Galleria Tbilisi, einem modernen Einkaufszentrum. Können wir sehr empfehlen, falls man nicht jeden Tag Essen gehen möchte oder Proviant für unterwegs kaufen will. Es ist der einzige wirklich große Supermarkt in Altstadt-Nähe.

Unsere liebsten Restaurants in Tbilisi
Zugegeben, wir waren meistens immer im gleichen Restaurant: Shemomechama old Tbilisi! Das Essen dort war einfach super lecker und günstig und die Bedienung total nett. Drinnen ist das Restaurant – typisch georgisch – eher wie eine Kantine gestaltet, doch es gibt auch einige Tische draußen in der Fußgängerzone. Probiert einfach alles, was auf der Karte steht!
Unser zweiter Restaurant-Tipp, das Varazi Restaurant lässt sich hervorragend mit dem Spaziergang nach Vake und Vere verbinden. Es ist ein bisschen gehobener und etwas teurer aber ebenso gut und ihr werdet vermutlich die einzigen Touris dort sein. Wir haben den Tipp von einem georgischen Kollegen von Yannik bekommen.
Natürlich ist die Altstadt voll von Restaurants und Bars aber ehrlich gesagt, hat uns keins so richtig zugesagt. Vieles hat einfach nur touristisch gewirkt. Aber vielleicht ist uns da auch etwas durch die Lappen gegangen, wer weiß.

Kochkurs in Tbilisi
Eins unserer Highlights in Tbilisi war der Kochkurs bei Irina im Wohnzimmer! Wir haben sie zufällig über Google Maps gefunden und den Kurs bei ihrem Sohn über WhatsApp gebucht. Lasst euch nicht von der heruntergekommenen Fassade des Hauses abschrecken, drinnen ist alles fein! Irina bietet jeweils einen Kurs am Vor- und einen am Nachmittag an, spricht sehr gut englisch und hat in ihrer Küche definitiv alles unter Kontrolle. Es gibt verschiedene Angebote an Kursen – wir haben uns für einen ganz klassischen entschieden und Khatchapuri und Khinkali zubereitet. Das lässt sich alles per WhatsApp oder telefonisch erfragen. Bezahlt wird vor Ort in Bar. Wir haben 35 Euro pro Person bezahlt.
Irina zeigt einem nicht nur die Zubereitung der Speisen und gibt Tipps für das Nachkochen zu Hause, sondern sie zeigt auch veggie und vegane Alternativen und sendet euch die Zutatenliste nach dem Kurs aufs Handy. Nebenbei plaudert sie noch ein bisschen über das Leben in Georgien und über die missratene Politik. Natürlich wird am Ende auch alles Gekochte probiert. Da wir unseren Kurs nur zu zweit hatten, gab es für uns ein Festmahl aus Khinkali und Khatchapuri, dazu einen großen Krug des säuerlichen, georgischen Weins. Wir können Kurs bei Irina wirklich rund um empfehlen!
Fazit zu Tbilisi
Tbilisi ist eine unglaublich faszinierende Stadt.- Schön und zugleich unglaublich anstrengend. Es ist eine Hauptstadt zwischen Orient und Okzident, zwischen altem „Ostblock-Charme“ und Moderne. Ein Ort an dem Europa und Zentralasien aufeinander treffen. Ein Ort der Begegnungen. Ein Städtetrip nach Tbilisi bereichert und fordert, es braucht Zeit um sich zurechtzufinden.
Im Oktober 2024 wurde in Georgien die pro-Putin eingestellte Partei „Georgischer Traum“ „gewählt“. Es kommt seitdem immer wieder zu Protesten des georgischen Volkes gegen die Partei und für eine Wiederaufnahme der EU-Beitrittsgespräche, die jedoch zunehmend brutal niedergeschlagen werden. Auch die Wahl des neuen Präsidenten im Dezember sorgte für neue Proteste. Die bisherige, pro-europäische Präsidentin Surabischwili weigert sich derweil die nicht-demokratische Wahl ihres Nachfolgers anzuerkennen und sieht sich weiterhin als legitime Amtsinhaberin. Ausgang ungewiss.
Das auswärtige Amt rät NICHT von Reisen nach Georgien oder nach Tbilisi ab. Lediglich Südossetien, Abchasien und die Demonstrationen in der Hauptstadt sollten gemieden werden. Wir wünschen uns, dass Westeuropäer weiterhin nach Georgien reisen und so das georgische Volk im Kampf gegen die autoritäre Regierung unterstützen, indem sie Interesse zeigen und das Land nicht von vorne herein als pro-Putin abstempeln. Wir wünschen uns, dass der kulturelle und soziale Austausch zwischen Georgiern und der Europäerinnen nicht abreist, dass wir – auch wenn es politisch vielleicht nicht möglich ist – zeigen, dass Georgien zu uns, zu Europa gehört.
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